Die Strapazen einer Reise.

Sie saß im Taxi und konnte es nicht glauben. Die schweren Rucksäcke auf ihren Beine spürte sie kaum noch. Gab es hier denn niemanden, der überhaupt schon mal etwas von diesem Hotel gehört hatte? Sie hatten doch die Adresse. Warum konnte das Taxi sie nicht einfach zu dieser Adresse fahren? Ihr Groll wuchs und die fortschreitende Nacht gab ihr keine Hoffnung...

So oder so ähnlich würde unsere Anreise wohl in einem Roman beschrieben sein. Eigentlich hatten wir mit unseren Reisen durch das Land Glück. Es lief immer ganz reibungslos und trotz gewisser Verständigungsschwierigkeiten kamen wir gut voran. Hier auf Hainan allerdings hatten wir ein paar Probleme unser Hotel zu finden. Und das noch dazu mitten in der Nacht. Aber am besten ich erzähle es einfach von vorne.

Mit etwas Verspätung ging es für uns am Samstag um 17:30 Uhr mit dem Flieger von Guilin nach Haikou, der Hauptstadt von Hainan. Der Haikou Meilan International Airport liegt im Norden der Insel und wird angeblich sogar direkt aus Europa angeflogen. Der Flughafen hat eine Anbindung an das Schienennetz, so dass wir nicht extra in die Stadt fahren mussten, um einen Zug in den Süden, genauer nach Sanya zu bekommen. Auf viel frequentierten Strecken muss man zum Glück nicht allzu lange auf den Zug warten, so dass wir um Viertel nach Acht bereits in diesem saßen. Mit 197 km/h brauste der Zug nach Sanya und um 22:03 Uhr waren wir endlich da.

Sanya ist bekannt für seine traumhaften Sandstrände und hat von diesen drei an der Zahl. Der Erste, Sanya Beach, liegt im Westen und wird eher von den Ortsansässigen genutzt. Der Zweite, Dadonghai Bay, wird häufig von ausländischen Touristen angesteuert, da es dort auch vermehrt günstige Hostels und Straßenlokale gibt. Der Dritte, Yalong Bay, liegt im Osten der Stadt und ist noch nicht so lange für die Touristen hergerichtet. Allerdings ist Yalong Bay der schönste der drei Strände und daher haben sich dort vor allem die teuren Hotelketten wie Hilton, Sheraton oder Marriott angesiedelt. Durch Recherche im Internet haben wir ein nettes kleines Hotel gefunden, welches auch vom Preis noch zu rechtfertigen war. Das Flowers Holiday Villa Appartment hörte sich ganz gut an. Es gibt alle möglichen Annehmlichkeiten, die ein 3,5 Sterne Hotel zu bieten hat, sogar einen privaten Strandabschnitt am Yalong Bay. Also gesagt und getan, wir haben 4 Nächte gebucht und freuten uns drauf.

Wir mussten also nur noch die 20 km vom Bahnhof zum Hotel fahren... Nach einem längeren Hin- und Her mit lokalen Alibi- Taxifahrern reihten wir uns in die "echte" Taxischlange ein und warteten auf ein Taxi. Dem Fahrer sagten wir dann, dass er uns zu diesem Strandabschnitt bringen sollte. Je näher wir dem Strand kamen, um so nervöser wurde der Fahrer, da wir uns nicht verständigen konnten und er auch das besagte Hotel nicht kannte. Wir haben ihm immer wieder mein Telefon unter die Nase gehalten, aber wenn die Chinesen keine chinesischen Schriftzeichen sehen, sagen sie eigentlich sofort, dass sie nichts verstehen bzw. keine Ahnung hätten. So auch unser Taxifahrer. Marcus konnte sich noch grob daran erinnern, dass es in der Nähe vom Marriott wäre. Also folgten wir erst mal den Schildern zu Marriott. Erschwerend kam noch hinzu, dass wir vergessen hatten Geld abzuheben und nun nur noch 70 Yuan, das sind ca. 8,50€, in der Tasche hatten. Nachdem wir das Hotel im ersten Anlauf nicht gefunden hatten, ließen wir uns erst einmal bei einem anderen Hotel absetzten mit der Hoffnung, dass dort jemand Englisch spricht und uns den Weg erklären könnte. Wir wollten dann den Rest zu Fuß zurück legen. Außerdem haben die großen Hotels immer einen Bankautomaten, so dass wir unseren Bargeldvorrat auffüllen konnten.

Und tatsächlich kannte der Mensch hinter der Theke die Adresse und schrieb sie uns für den Taxifahrer in Chinesisch auf. Also auf ein Neues. Mit gefülltem Portemonnaie ging es mit einem neuen Taxi los. Dieser setzte uns dann vor einer dunklen Einfahrt ab, wo definitiv nicht der Name unseres Hotels drauf stand. Zusätzlich war er so penetrant uns aus dem Taxi zu bekommen, dass wir ausstiegen und unser Glück bei der nächsten Einfahrt versuchten. Da uns nach der Taxifahrt 100 Yuan fehlten, die Marcus wahrscheinlich aus der Tasche gefallen sind, war uns klar, warum der Taxifahrer uns so schnell wie möglich aus dem Taxi haben wollte. Mist! 😕
Hinzu kam, dass es anfing zu regnen und der Typ am Eingang nicht wusste, ob wir hier richtig waren. So eine Scheiße... Der muss doch wissen, ob wir hier richtig sind. Aber das war wieder typisch für die chinesische Rasse, er verstand nichts und ignorierte uns einfach bzw. statte uns stur an. Unsere Laune war auf dem Tiefpunkt. Also haben wir unser Gepäck geschultert und wollten uns zu Fuß auf die Suche machen. Durch Zufall kam uns ein Taxi entgegen, welches wir anhielten. Es sollte uns zum Marriott bringen, mit der Hoffnung das dort jemand unser Hotel kannte. Der Taxifahrer - welch Wunder - wusste noch nicht mal wo das Marriott ist. Außerdem winkte er die ganze Zeit ab. Er wollte uns nicht mitnehmen. 😩 Verdammt!!! Da es immerfort regnete war es uns egal. Wir sind mit dem Gepäck ins Taxi gestiegen, dabei haben wir noch nicht mal mehr die Rucksäcke in den Kofferraum gepackt, sondern das ganze Gepäck ist mit mir auf der Rückbank gelandet. Als wir dann endlich im Taxi saßen stellte Marcus fest: "Hey, das ist ja der gleiche Taxifahrer, der uns auch vom Bahnhof gefahren hatte!" Das war vielleicht was. Wir mussten alle lachen. Und so ging es also weiter...
Endlich fanden wir ein Schild, welches uns zum Marriott brachte. In der Auffahrt freute sich der Taxifahrer wie ein Schlosskönig, weil er dachte, dass wir nun endlich da wären. Aber das Lachen verging ihm, als Marcus nur zur Rezeption ging und ich sitzen blieb.

20 lange Minuten später kamen dann beide zurück mit einem Plan und einer groben Vorstellung wo das Hotel liegen könnte. Es war mittlerweile halb eins in der Nacht. Nachdem wir dreimal um die besagte Position herum gefahren waren und das Hotel immer noch nicht gefunden hatten, stiegen wir wieder aus dem Taxi aus und sagten dem Fahrer, dass dieses das Hotel wäre. Er war zwar skeptisch, aber was sollte er machen und ich glaube, er war auch froh uns los zu sein. Da wir uns in der Nähe befinden mussten, machten wir uns auf die Suche. In einer Bar fanden wir dann ein Mädel, welches ein bisschen Englisch sprach und uns endlich erklärte wo wir hin mussten. Also, nur noch 5 Minuten, dann wären wir endlich da. Angekommen an besagten Komplex, welcher nicht den Namen unseres Hotel hatte, gingen wir rein, nur um festzustellen, dass alles dunkel und niemand da war. Selbst lautes Rufen weckte niemanden auf. Wir waren total frustriert. So eine Riesenscheiße! Wo, verdammt noch mal war unser Hotel? Auf dem Weg nach draußen sah ich eine Tür, hinter der noch Licht brannte und ich ging einfach rein. Ich stand im Überwachungsraum und das Mädel im Raum war mindestens genauso überrascht über mein Erscheinen wie ich. Ich fragte sie, ob wir hier an der richtigen Adresse wären und sie bejahte. HALLELUJA! 🎉 Ich rief Marcus zurück und drückte ihr unsere Reisepässe in die Hand, damit wir einchecken konnten. Sie war völlig überfordert und rief erst mal jemanden an. Fünf Minuten später kam ein verschlafener junger Kerl, auch er konnte kein Englisch, und schien genauso überfordert zu sein. Marcus zeigte ihm unsere Buchungsbestätigung und er bejahte noch einmal, dass dies die Adresse wäre. Jawoll! Aber trotzdem schien er keine Anstalten zu machen uns einzuchecken. Nach nochmaligem Nachschauen fanden wir in der Bestätigung eine Telefonnummer, die er dann anrief und uns bestätigte, dass in fünf Minuten jemand käme um uns abzuholen. Wir waren also nah dran. Tatsächlich kam jemand, aber er war zu Fuß da. Komisch... Er nahm uns ins Schlepptau und wir liefen um eine Ecke und gingen dann bereits in ein Haus rein, in welchem sich ein Appartement befand. Dies war wirklich unsere Unterkunft?

Nach einigen Kommunikationsproblemen verschwand der Kerl wieder und kam weitere fünf Minuten später mit seinem Laptop wieder. Von nun an lief die Verständigung übers Internet. Ein Riesen Dank an den Google Translator. 😄

Fazit: Das Hotel ist gar kein Hotel, sondern eine Appartementanlage. Der Kerl hat wohl einige Wohnungen hier gekauft und vermietet sie nun an Touristen. Ich glaube, wir sind seine ersten nicht chinesischen Besucher. Wir verabschiedeten uns von unserem Gastgeber und vereinbarten, dass er uns am nächsten Morgen gegen acht Uhr zum Frühstück bringt. Mittlerweile war es Viertel nach eins und wir waren fix und fertig. Aber unsere Unterkunft ist klasse. Es ist alles da. Ist halt ein kleines Appartement und sehr hochwertig mit einer tollen Anlage. Nur eben kein Hotel.

Puh, was für eine Story... Jetzt hofften wir nur noch, dass das Wetter in den nächsten Tagen gut wird, so dass sich dieser ganze Aufwand gelohnt hat. Mittlerweile hatte sich nämlich der Regen zu einem kräftigen Gewitter mit Blitz und Donner entwickelt. Aber jetzt waren wir ja im Trockenen und wollten erst einmal schlafen.

Nach diesen Strapazen waren sie völlig geschafft. Sie lagen in ihrem gemütlichen Bett, von dem sie dachten, dass sie es an diesem Abend nicht mehr erreichen würden, lauschten noch kurz dem Grollen des Donners und schliefen ein.





dillis am 02.Aug 13  |  Permalink
Roman
Toll geschrieben....warum bist Du eigentlich keine Schriftstellerin??? Bitte schreibe mir mal ein Buch.
Und welch eine Story,ich glaube ich wäre vor Wut und Angst schon geplatzt 😡